Musik der Scherben

 

1.

Eine Weile stand ich es durch

Fußmatten für eine chemische Reinigung auszufahren.

Meine Freundin floh schon nach einer Woche

vor den Antreibern in der Kleiderfabrik.

Jede Stunde hörte ich Nachrichten

den ganzen wichtigen Scherbenhaufen

den Mythos der Reisediplomatie

die abgewogenen Aussagen

und die Demagogie;

ich fuhr das Auto zu Schrott.

Auf dem Heimweg begegnete ich

meiner Freundin mit zwei Koffern.

Oben legte ich Musik auf

und fegte den Scherbenhaufen

zersplitterter Wodkaflaschen auf

den sie zurückgelassen hatte.

 

2.

Jahre später fuhr ich Fotos aus.

Dieselbe andere Freundin, dieselben anderen Sorgen.

Ich wechselte die Musikstationen

wenn Zeitzeichen die Programme brachen;

die Nachrichten waren auf der Straße

die Freundin zu Hause

frühe Wünsche im Koffer.

Nun wurde diskutiert und was

zu Bruch ging, war nicht hörbar.

Hinter hochgekurbelten Fenstern

fuhr ich sicher durch die Lieder.

Eine Sehnsucht nach Scherben manchmal

zwischen den Ampeln

aber ich blieb unversehrt

und die Jahre huschten vorüber

ohne größere Bewegung.

 

 

(c) Bodo Morshäuser

zuerst veröffentlicht in "Alle Tage", 1979