Mit Zigarettenspitze in der Hand. Zu einer Zeit, als man Literatur nicht studieren kann. Und nicht will. Junge Autoren suchen die Nähe von Schriftstellern und zeigen ihre ersten eigenen Texte. Die Älteren lesen sie und sagen etwas dazu. Christoph Meckel steckt die Zigarettenspitze zwischen die Zähne, damit er Hände schütteln, umarmen, weiter sprechen und lachen kann. Meckel ist einer dieser gutwilligen, zudem gutmütigen Autoren, denen Jüngere viel zu verdanken haben. Der junge Autor ist ja anspruchslos. Zwar hält er sein Schreiben für absolut gelungen. Aber in Wirklichkeit genügt es ihm erst einmal, wahrgenommen zu werden. Von Leuten wie Meckel. Der jetzt nachschaut, ob die Suppe für alle noch heiß und gut ist. Isolde Ohlbaum schießt ein Foto in der Küche. Das sind so lehrreiche wie fröhliche Nachmittage und Abende in den siebziger Jahren in Meckels Wohnung. Wir essen Suppe, trinken Wein, lesen uns Texte vor und reden über sie, und essen Suppe und trinken Wein. Das Foto liegt jetzt auf meinem Tisch. "Ich behalte das Glück der ersten Erinnerung" lautet der Anfangssatz von Meckels großer Erzählung "Suchbild". Erinnerung? Das Foto auf meinem Tisch kann gar nicht von Isolde Ohlbaum sein, sie ist ja auf dem Bild. Es ist nur ihre Kamera. Auch trinken keinesfalls alle Wein. Wir, von links nach rechts, Hans-Ulrich Treichel, Hans-Ulrich Hirschfelder, ich, Isolde Ohlbaum, Christoph Meckel und Michael Speier, stehen in Meckels Küche und fühlen uns richtig wohl. Hinter uns hängt ein Vorhang mit Bäumen in hügeliger Landschaft. Man erkennt einen Suppentopf, rechts eine Schüssel. Treichel und Hirschfelder halten kleine bauchige Berliner Bierflaschen, ich ein Glas Wein, Meckel eine Zigarette. Ein Hang zu karierten Hemden ist zu erkennen. Die Hemden, denke ich jetzt, wollen sagen: Hier wird gearbeitet. Es klingelt. Sarah Kirsch, mit Sohn, steht vor der Tür. Sie hat die DDR verlassen und ist soeben in Westberlin angekommen. Wo geht sie hin? Zum Gastfreund. Zu Christoph Meckel.